Jeder versierte Handwerker hat sie in seinem Werkzeugkoffer: polymere Utensilien wie Klebeband und Kabelbinder. Man weiß ja nie, wann und wofür man das Material gebrauchen kann, und für den Fall, dass es einmal schnell gehen soll. Im Nu sind Risse verschlossen, Löcher geflickt, Schläuche befestigt, Kabel verlegt. Alles im Handumdrehen: Klebeband und Kabelbinder sei Dank. Das beides auch an Bord eines Passagierjets überaus wertvolle Dienst leisten kann, erfuhr im vergangen Monat die Crew einer von Island nach New York fliegenden Maschine der Iceland Air.
Was macht man, wenn einem der Flug von Reykjavik via New York zur Arbeitsstelle in der Karibik zu lange dauert? Mancher Vielflieger rät, sich ein oder zwei kleine hochprozentige Schlummertrunks zu genehmigen und die Reise kurzerhand zu verschlafen. Ein isländischer Ingenieur muss diesen Rat offenkundig missverstanden haben: Statt einige Gläser gönnte der sich den Alkohol geradezu flaschenweise; die Pullen hatte er sich vor Antritt der Reise im Duty-Free-Shop gekauft.
Kaum war das Flugzeug in der Luft, begann der Isländer mit seiner Druckbetankung, die ihn allerdings nicht ins Land der Träume führte, sondern geradewegs in den dicksten Ärger. Der Schnaps entfaltete seine Wirkung als Krawallwasser: Im betrunkenen Kopf beleidigte der Isländer Flugbegleiter und Mitreisende und fing an, zu randalieren. Die Sicherheit an Bord stand auf dem Spiel, was Männer aus Südamerika beherzt ein- und zugreifen ließ: Sie überwältigten den Randalierer kurzerhand und führten ihn zu seinem Sitz, an den er – wie ein wohl verschnürtes Luftpostpaket – mit Kunststoffklebeband und Kabelbindern geknebelt und gefesselt wurde. Bei seiner Ankunft in New York wurde die Schnapsdrossel bereits von der Polizei erwartet, die ihn zur Ausnüchterung in ein Krankenhaus verfrachtete.
Obgleich der Redaktion keine offizielle Bestätigung der Fluglinie vorliegt, darf getrost davon ausgegangen werden, dass die Iceland Air die Checkliste, die von Kapitän und Kopilot vor dem Start der Maschine durchzugehen ist, in Erinnerung des aktuellen Vorfalls erweitert wurde: Kein Flugzeug hebt vom Boden ab, bevor nicht sichergestellt wurde, das sich hinreichende Mengen an Klebeband und Plastikkabelbinder an Bord befinden. Ein Beispiel, das garantiert Nachahmer finden wird. Guido Deußing