Interview mit Dr. Christoph Schumacher, Leiter Marketing und Unternehmenskommunikation, ARBURG GmbH & Co. KG.
Als Maschinenbauer unterstützt Arburg die Kreislaufwirtschaft. Warum tun Sie das?
Dr. Christoph Schumacher: Wir möchten an der Lösung dieses großen und vielleicht wichtigsten Problems unserer Industrie für die nächsten Jahrzehnte soweit das in unserer Macht steht beitragen. Wir sind fest davon überzeugt, diese Herausforderung kein einzelnes Glied der Wertschöpfungskette Kunststoff allein annehmen können wird.
Was können Sie bei Arburg für den Kreislauf tun?
Dr. Christoph Schumacher: Wir als Maschinenbauer können mithelfen, Verarbeitungsweisen und -verfahren mit neu zu entwickeln. Aus der Historie ist ein klassisches Thema die Mehrkomponentenverarbeitung. Daran kann man sehen, dass neue Herausforderungen neue Verfahren kreieren und manchmal kreieren neue Verfahren auch die Entwicklung neuer Produkte. Ich sehe Arburg sehr stark eingebunden ist das Design for Recycling. Wir glauben fest daran, dass sich die Herstellung von Kunststoffprodukten in den nächsten 20 bis 30 Jahren auch an Gesichtspunkten der Wiederverwertung orientieren wird und da sind Maschinenbauer durchaus ein wichtiger Mitspieler. Wir müssen die Produktion dieser Teile ja möglich machen. Über allem schwebt das Ziel der Produktionseffizienz für unsere Kunden. Mit möglichst wenig Material, möglichst wenig Energie, möglichst ressourceneffizient Produkte herzustellen.
Wird die Kreislaufwirtschaft helfen, das Kunststoffimage zu verbessern?
Dr. Christoph Schumacher: Das hoffen wir. Für uns ist der Kunststoff als Wertstoff nach wie vor der Werkstoff des 21. Jahrhunderts. Aber wir sehen auch die externen Rahmenparameter. Ein großes Problem sehe ich in der einfachen Gleichsetzung von Kunststoff mit Abfall. Kunststoff gehört nicht ins Meer oder in den Straßengraben, sondern Kunststoff gehört in eine Verwertungskette. Der Maschinenbau ist hier ein Enabler, er macht es möglich, den Kunststoff zurückzuführen. Man kann über die Notwendigkeit der Verpackung einer Salatgurke zu streiten. Aber über die Notwendigkeit von Kunststoffen in der Medizintechnik und in allem, was den Menschen betrifft, kann man nicht streiten. Da will jeder das hochwertigste Hochleistungsprodukt haben, etwa wenn es um eine Infusion geht oder um einen Stent.
Ist die Kreislaufwirtschaft eine Geschäftschance?
Dr. Christoph Schumacher: Das Ganze muss betriebswirtschaftlich Sinn machen. Eine rein missionarische Haltung würde uns von der Öffentlichkeit doch gar nicht abgenommen. Wir sind eine Industrie. In der Kreislaufwirtschaft sehen wir tatsächlich eine Geschäftschance. Wir können den Wertschöpfungskreislauf in die Welt verkaufen. Es gibt noch viele Regionen, in denen Kreislaufwirtschaft noch gar keine Rolle spielt, in vielen Ländern Asiens etwa, aber auch in Teilen der USA. Wenn wir den europäischen oder den deutschen Standard in all diese Märkte exportieren könnten, dann hätten wir allein damit schon in den nächsten Dekaden unüberschaubar viel Arbeit. Es gibt durchaus schon Kunden von Arburg, die auch in Ländern wie Indonesien, den Philippinen, Brasilien, auch in den USA als Teil einer Kreislaufwirtschaft schon Geld verdienen. Die PET-Flaschen sammeln lassen und daraus PET-Flakes herstellen, um daraus wieder PET-Flaschen machen.
Wessen Aufgabe ist es, gesamte Wertschöpfungsketten in die Welt zu exportieren?
Dr. Christoph Schumacher: Das ist schwierig. Die Kreislaufwirtschaft funktioniert nur unter Beteiligung aller in der Wertschöpfungskette. Aber eben diese Konsortien gibt es derzeit als Exportmodell nicht. Grundsätzlich kann sich eine solche Idee nur durchsetzen, wenn man sie systematisch angeht. Alle Beteiligten müssen davon überzeugt sein, es braucht Marktanreize und es braucht gesetzliche Regelungen, die den Rahmen vorgeben.
Was aber, wenn in der EU die Kreislaufwirtschaft eingeführt ist und die Produkte dadurch teurer werden, die Wettbewerber aus Übersee aber günstiger anbieten können, weil sie günstiger mit Neuware produzieren können?
Dr. Christoph Schumacher: Dann hätten wir eine unzulässige Wettbewerbsverzerrung. Wenn in der EU qua Gesetz zu bestimmten Verhaltensweisen gezwungen würden, die andere Hersteller auf dem Weltmarkt nicht hätten und dabei dann auch unsere Märkte nicht entsprechend reguliert wären, dann muss der Gesetzgeber auch dafür sorgen, wenn er die europäische Wirtschaft in ein System einspannt, dass andere Wettbewerber unter denselben Vorgaben auf diesen Märkten agieren müssten. Natürlich würde das die Marktchancen in Ländern, die sowieso nicht so einen Umweltstandard haben, für europäische Produkte erschweren, wenn es dort nicht eine Veränderung des Käuferverhaltens gibt.
Welche Rolle spielt der Verbraucher?
Dr. Christoph Schumacher: Der Verbraucher ist ein ganz wichtiger Hebel, aber ich glaube, dass er das Thema heute noch gar nicht überschauen kann. Das zeigt sich zum Beispiel an der Diskussion über biologisch abbaubare Produkte. Der Verbraucher ist der völlig irrigen Annahme, dass sie rundum gut sind und ölbasierten Kunststoff ersetzen können. Er sieht auch Bilder von Walen mit Plastiktüten im Magen oder von Meeresschildkröten in Fischernetzen. Dagegen kann man nicht gewinnen. Ich setze meine Hoffnung darauf, dass die Kunststoffindustrie vom Materialhersteller bis zum Verbraucher gemeinsame Definitionen schafft. Dass wir die Kreislaufwirtschaft als gemeinsames Ziel anerkennen und dass wir uns auch entsprechend positionieren.